Heute tauchen wir in ein Overlock-Thema ein, den Differentialtransport. Klingt kompliziert? Keine Sorge, ich werde ersuchen, es ganz einfach zu erklären. 🙂 Der Differentialtransport ist nämlich eines der Geheimnisse der Overlock, welches eine entscheidende Rolle spielt, um ein sauberes und professionelles Nähergebnis zu erzielen.
Daher nehmen wir in diesem Blogpost den Differentialtransport unter die Lupe, verstehen, wie er funktioniert, und entdecken, wie du ihn optimal für deine Nähprojekte einsetzen kannst.
Stofftransport – Was ist das überhaupt?
Hast du dich schon mal gewundert, wieso sich der Stoff beim Nähen quasi von alleine bewegt? In der Fachsprache sagt man dazu, der Stoff wird „transportiert“. Sowohl Nähmaschinen als auch Overlocks haben dazu kleine Zähnchen, die den Stoff vorwärtsschieben. Diese Zähnchen befinden sich auf der Nähplatte unterhalb des Stoffes (Untertransport), manche Maschinen haben auch einen Obertransportfuß. Die Geschwindigkeit dieser Zähnchen bestimmt, wie schnell der Stoff transportiert werden und damit auch, wie groß die Abstände zwischen den Nadeleinstichen sind.
Der Differentialtransport
Eine Besonderheit von Overlock-Maschinen ist, dass sie im Gegensatz zu einer normalen Nähmaschine einen Differentialtransport hat, aber was ist das überhaupt und wie funktioniert er?
Der Differentialtransport kann in der Regel über einen Hebel, Schieberegler oder ein Rädchen eingestellt werden, meistens reicht die Skala von 0,5 bis 2. Im Bild kannst du das Rad für den Differentialtransport auf der rechten Seite der Maschine sehen, es ist der zweite Knopf von oben.
Wie funktioniert der Differentialtransport?
Beim Differentialtransport führen Werte kleiner als 1 zu einer Dehnung des Gewebes, Werte größer als 1 zu einem Zusammenziehen des Gewebes. Technisch wird das erreicht, indem die Zähne des Untertransports zweigeteilt sind, wie du in folgendem Bild erkennen kannst, wenn du genau hinsiehst:
Die Geschwindigkeit des hinteren Transporteurs entspricht der Nähgeschwindigkeit, die des vorderen Transporteurs kann unabhängig davon variiert werden, bei dieser Maschine mit Hilfe eines Hebels an der rechten Seite der Maschine.
In der Hebelstellung N arbeiten beide Transporteure gleich schnell. Bei den oberen Stellungen (d.h. größer als 1) bewegt sich der vordere Transporteur schneller und der Stoff wird gestaucht. Das entspricht ungefähr dem Verhalten, wenn du den Stoff von vorne unter den Nähfuß hineinschiebst. Schaltet man den Hebel nach unten, dann arbeitet der vordere Transporteur langsamer und der Stoff wird gedehnt.
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Was kann der Differentialtransport?
Aber wofür braucht man einen Differentialtransport überhaupt? Auf Anhieb mag es vielleicht nicht besonders praktisch klingen, den Stoff beim Nähen dehnen oder stauchen zu können, aber tatsächlich vereinfacht das einiges im Vergleich zu einer normalen Nähmaschine. Einige dieser Techniken sind:
Differentialwerte größer als 1
Jersey ohne Wellen nähen
Wenn du mit einer Haushalts-Nähmaschine dehnbare Stoffe nähst, kann es sein, dass sie beim Nähen gedehnt werden, zum Beispiel wegen eines zu hohen Nähfüßchen-Drucks, wenn es zu viele Lagen Stoff sind oder wenn du etwas am Stoff ziehst. Ein großer Vorteil der Overlock ist hingegen, dass man aufgrund des Differentialtransports Stoffe wie Sweat oder Jersey ohne Wellen nähen kann.
Eine nette Dame aus dem Stoffladen hat mir mal hier an einem Bündchenstoff das Prinzip gezeigt. An der unteren Seite hat sie den Stoff mit einer neutralen Einstellung des Differentialtransports genäht (mit dem Wert 1, also so, wie an er auch an einer normalen Nähmaschine eingestellt ist). Wenn man so näht, kann es leicht zu Wellen im Stoff führen.
Als sie die Naht an der oberen Seite genäht hat, hat sie den Differentialtransport etwas auf 1,2 hochgestellt. Der Stoff wird also während des Nähens gestaucht. Weil die Overlock-Naht allerdings elastisch ist, springt der Stoff nach dem Nähen wieder auf und er liegt perfekt glatt.
Rüschen nähen
Mit dem Differentialtransport ist es auch ganz einfach, eine Rüsche zu nähen. Dazu stellst ihn möglichst hoch (typischerweise auf 2) ein und erhöhst zusätzlich die Fadenspannung an den beiden Nadeln. So entsteht beim Nähen ganz automatisch eine Raffung, ohne dass du aufwändig hinterher die Naht von Hand zusammenziehen musst.
Es kann sein, dass die Kräuselung mit der Overlock nicht ausreicht, dann kannst du die Naht auch nach stärker kräuseln, indem du an den Nadelfäden so lange ziehst, bis die gewünschte Breite erreicht ist. Dazu musst du die Nadelfäden dann erst aus der Fadenraupe lösen.
Tellerrock einreihen
Wenn du eine gebogene Saumnaht säumst, wie zum Beispiel beim Tellerrock oder beim Hosenrock „Tamina“, dann kann es beim normalen Nähen passieren, dass du Falten in den Stoff nähst. Wer einen perfekten Saum haben möchte, kann den Stoff vorher „einreihen“. Dazu nähst du den Rand des Tellerrocks so, dass er gestaucht wird. Dann klappt er quasi von alleine nach innen um und der Saum sieht schön ordentlich aus. Wie das geht, wird hier erklärt:
Differentialwerte kleiner als 1
Bei Werte kleiner als 1 (also z.B. 0,7) wird der Stoff beim Nähen gedehnt. Auch das kann für manche Techniken von Vorteil sein.
Rollsaum / Wellensaum
Mit der Overlock kannst du nämlich recht einfach einen Rollsaum zu erstellen. Das ist eine dekorative und platzsparende Art des Versäumens von Stoffkanten, die besonders bei leichten Stoffen wie Seide oder Chiffon verwendet wird.
Beim Wellensaum wird zusätzlich die Geschwindigkeit des Differentialtransports langsamer als die Nähgeschwindigkeit eingestellt (d.h. auf einen Wert kleiner als eins). Der Stoff wird also gedehnt und es ergibt sich der charakteristische Wellen-Effekt. Einen ähnlichen Effekt erhältst du mit der Nähmaschine, wenn du einen engen Zickzack einstellst und den Stoff beim Nähen ziehst, doch mit der Overlock geht es deutlich schneller und gleichmäßiger.
Nähen von sehr feinen Stoffen
Um zu verhindern, dass sehr feine Stoffe wie z.B. Seide, Organza oder Viskose sich beim Nähen zusammenziehen, kannst du auch das Differential auf Werte kleienr als 1 stellen. So wird der Stoff etwas auseinandergezogen und der Stoff bleibt beim Nähen glatt.
Ich hoffe, dieser Einblick in den Differentialtransport hat dir geholfen, ein besseres Verständnis für die Funktionen deiner Overlock-Maschine zu entwickeln. Falls du weitere Fragen hast oder unsicher bist, wie du den Differentialtransport am besten für deine Projekte einsetzen kannst, dann hinterlasse gerne einfach einen Kommentar oder schreibe mir eine Email. Ich werde die Frage beantworten so gut es geht. 🙂 Egal, ob du gerade erst mit dem Nähen begonnen hast oder bereits erfahrener Näher bist, ich stehe dir gerne zur Seite.
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Möge dein Garn niemals verknoten und deine Nadeln stets präzise stechen!
Jäger Martha meint
Hallo,
Ich möchte meine overlock nicht missen. Sie versäumt unglaublich präzise und es macht einfach Spass😁
Steffi Mertens meint
Meine Overlock näht nicht so gut.Die schleifen vom Obergreifer ist viel zu locker. Ich weiß nicht wie ich das einstellen kann. Sehr ärgerlich! Vielleicht kann jemand mir helfen.
Tschüß Steffi