Kurz vor der Geburt meiner Tochter habe ich mit dem Gedanken gespielt, mit dem Nähen wieder anzufangen. Überall im Netz sah ich Anleitungen für total niedliche Mädchen-Kleider. Dennoch habe ich eine ganze Weile gezögert, mir eine Nähmaschine zu kaufen, denn so eine Maschine kann ganz schön teuer sein. Ich fragte mich: Werde ich sie tatsächlich benutzen oder steht die Nähmaschine nach einer Weile unbenutzt im Keller und verstaubt? Und dann ärgere ich mich, das Geld in den Sand gesetzt zu haben…
Etwas später habe ich gelesen, dass es einen Test gibt, mit dem ich diese Frage ziemlich schnell hätte beantworten können. Das schreibt jedenfalls Gary Wayne Nettoc hier bei Quora. Er sagt, er wisse gleich nach dem ersten Nähkurs, wer Fortschritte machen werde und wer frustriert aufgebe. Und das geht so: In der ersten Stunde näht er mit seinen Schülern ein Nadelkissen. Wer begeistert von seinem ersten Werk ist, egal wie krumm und schief es geworden ist, der macht weiter und lernt das Nähen. Wer hingegen nur die Fehler sieht und keine rechte Freude daran hat, gibt auf und endet als ein „ball of frustration“ – einem Ball aus Frustration. Diese Beobachtung finde ich ehrlich gesagt ziemlich genial. Und sehr einleuchtend. 🙂 Denn wer bleibt schon dauerhaft bei einem Hobby, das keinen Spaß macht?
Die Erkenntnis lehrt uns jedoch noch etwas anderes: Es ist gar nicht so wichtig, wie gut oder schlecht du im Moment beim Nähen bist, wie perfekt dein erstes Näh-Werk geworden ist, wie viel „Talent“ du für das Nähen hast. Es ist überhaupt nicht wichtig, dir jeden deiner Fehler vor Augen zu führen und dich dafür zu schimpfen. Viel wichtiger ist es, dir die Freude am Nähen zu bewahren und zu sehen, was du da Schönes mit deinen eigenen Händen erschaffen hast.
Als ich das gelesen habe, nähte ich zwar schon seit ein paar Monaten, aber ich war neugierig und wollte mich gerne selber beobachten. Also habe ich kurzerhand beschlossen, dieses Experiment nachträglich an mir selbst zu probieren: Sehe ich alle meine Fehler oder bin ich stolz auf mein Werk? Allerdings wollte ich kein Nähkissen nähen, denn das kann ich nicht gebrauchen: Es ist mir zu umständlich, die Nadeln immer in ein Kissen zu stecken. Aber vielleicht gibt es ein Kleidungsstück, das genauso einfach zu nähen ist?
Das war der Anlass, mir zu überlegen, was die einfachste (Pump-)Hose der Welt sein könnte. Ich bin in den Keller verschwunden, habe am kostenlosen Schnittmuster getüftelt und die Hose genäht. Und was soll ich sagen? Als die Hose fertig war, war ich glücklich! Ich fand es so cool, diese Hose in den Händen zu halten, dass ich sie sogar gleich meinem Mann gezeigt habe. Und das, obwohl er sich überhaupt nicht für das Nähen interessiert 🙂
Das heißt natürlich nicht, dass Nähen bei mir immer „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist. Ich habe schon oft genug mit der Maschine und dem Fadensalat gekämpft, Nähte wieder aufgetrennt und Reißverschlüsse schief eingenäht. Aber am Ende, wenn das Teil fertig ist, dann freue ich mich. Seltsamerweise sogar dann, wenn das Kleidungsstück mal nicht passen sollte und viel zu groß oder zu klein geworden ist…
Bei mir hat der Test also eindeutig funktioniert, ich kann ihn nur empfehlen. Wer noch keine Nähmaschine hat und auch keinen Zugang zu einer hat, kann zum Testzweck das Nadelkissen sicherlich auch von Hand nähen. Oder machen, was ich während meiner Schwangerschaft gemacht habe: Von Hand einen Tellerrock an einen Baby-Body nähen:
Wenn Ihr das machen wollt, macht es aber bitte besser als ich: Nehmt einen elastischen Stoff, sonst ist der Body nicht mehr zu gebrauchen. (Ähem, das hätte ich mir eigentlich auch vorher denken können, dass das mit dem ausgemusterten Stück Gardinenstoff nicht funktionieren kann…) So musste ich den Tellerrock wieder abnehmen um den Body überhaupt wieder verwenden zu können. Naja, macht nichts, so habe ich wenigstens etwas gelernt. Und mich zwischenzeitlich über die niedlichen Body-Kleidchen gefreut 🙂
Ich würde zu gern wissen, ob der Test immer so zuverlässig funktioniert. Vielleicht habt Ihr eine Freundin, die nähen lernen möchte oder Ihr wollt selbst damit anfangen? Dann versucht es doch auch und schreibt mir, welche Erfahrung Ihr damit gemacht hat.
Und wenn Ihr schon näht, schreibt doch auch, wie es bei Euch ist: Macht Euch Nähen glücklich? Ist Nähen wie zaubern können? Oder seht Ihr hauptsächlich die Fehler, die Ihr gemacht habt?
Viele Grüße und viel Spaß beim Nähen!
Cailin
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Hinweise für Hotmail- und Outlook-Nutzer
Sandrina B. meint
Ich hab es anders gemacht. Ich hab mich erstmal in verschiedenen Foren/Gruppen informiert worauf man achten muss,hab Begriffe gegoogelt und Youtube Videos geschaut. Ich muss aber sagen das ich ein paar Grundkenntnisse durch meine Ausbildung schon hatte.
Als verstanden hatte was der fadenlauf war oder was mit NZ gemeint war, hab ich mir ein Freebook für eine Pumphose gesucht und dieses genäht. Es war nicht das schönste aber ich war sehr begeistert davon😊
Rita meint
Also bei mir ist es unterschiedlich. Ich sehe die Fehler, weiß von ihnen und lerne aus ihnen. Ich denke, das ist der Unterschied. Mit anderen Nähern tausche ich mich aus, freue mich mega über meine und deren Werke und zeige, was ich falsch gemacht habe. Manchmal kommt ein „krass, gut zu wissen“ und manchmal eine gute Idee für das nächste Mal. Ich nähe schon lange. Ich fing an auf einer günstigen Maschine aus dem Discounter. Als diese meinen Bedürfnissen nicht mehr entsprach, wusste ich, dass die Investition sich lohnt. Also ich kann die günstige Maschine als Start empfehlen. 👍🏻
Mein Frust kommt bei dem Größenproblem für Erwachsene. Ich lag zu oft bei mir und meinem Mann daneben 🙄 ich nähe trotzdem weiter auf der Suche nach dem perfekten Schnitt 🤣
Viele Grüße von DaIsy
Dany meint
Ich muss sagen bei mir stimmt der Test nicht. Ich war am Anfang eher frustriert und hab mich über Fehler geärgert. Trotzdem habe ich weiter gemacht und weiter gelesen, mir Tipps geholt. Und irgendwann fest gestellt es liegt am Garn 😅 habe mir dann teures bessere Garn gekauft und auch andere Nadel. Und schon lief es viel viel besser und ich war immer begeistert und habe mehr und mehr ausprobiert. Wenn jetzt mal etwas nicht gleich so recht klappt, mache ich es einfach nochmal und lehrne aus meinen Fehler. Ich nähe nun seit gut einem Jahr und habe viel Freude dran. Ich hab übrigens nur einen Aldi Nähmaschine 😅
Nordnäherin meint
Die Frage habe ich mir nie gestellt. Für mich war über Nacht klar, dass ich alle meine Klamotten und die für meine Kinder selbst nähen möchte. Und dann habe ich einfach losgelegt auf der alten Nähmaschine von meiner Oma. Als die ersten Werke passabel waren, habe ich mir direkt eine gute Nähmaschine gekauft. Wenige Jahre später folgten eine Overlock und eine Cover. Ich bereue nichts und bin stolz auf jedes meiner Werke, auch wenn ich immer wieder noch Fehler mache. Aber ich denke mir, dass ich aus diesen Fehlern gut lernen kann und es beim nächsten Mal besser machen kann. Nähen ist für mich wie Yoga und ich kann dabei super entspannen und auch noch meiner Kreativität freien Lauf lassen. Anfangs wollte ich einen Kurs machen, aber glücklicherweise hat mich meine Mutter davon überzeugt, dass ich das Geld lieber in Stoffe investieren sollte und mir alles selbst beibringen. Das war die richtige Entscheidung. Die Fehler, die man auf dem Weg macht, die nimmt einem sowieso keiner ab.
Birgit meint
Mein Enkel hat sich mit 5 Jahren an meine Nähmaschine gesetzt und hat Deckchen genäht. Einfach verschiedene Stiche auf einem Stück Stoff. Hat sie dann mit großem Stolz mit nach Hause genommen. Vorletztes Jahr Weihnachten hab ich ihm dann eine Kindernähmaschine geschenkt. Heute hat er seiner Mama eine Tasche, ein Kissen und eine Mütze genäht. Er ist jetzt 8 Jahre alt. Toll, oder?
cailin meint
Das ist wirklich toll! Schön, dass er so viel Freude daran hat!
Viele liebe Grüße,
Cailin
Karin meint
Liebe Cailin!
Ich habe vor 3 Jahren mit Nähen angefangen (frisch Mama, wunderschöne selbstgenähte Kleidung für Junior erhalten und die Frrundin meinte „kannst Du auch, ist nicht schwierig!“). Da war ich dann drinn. Hatte noch eine alte Bernina von der Oma, legte los und machte wahrscheinlich JEDEN erdenklichen Anfängerfehler 🙂 dennoch hat es mir von Anfang an super viel Spass gemacht und das Nähen war „meine“ Zeit. Anfangs hab ich mich über jede schiefe Naht und nicht perfekte Übergänge geärgert…aber so lernt man’s halt und heute bin ich stolz auf meine Werke. Stolz, weil ich mir alles selbst erarbeitet habe. Stolz, weil mein Sohn lieber die bequeme Pumphose als die gekaufte Jeans anziehen will (wie lange wohl noch..?!?). Stolz, weil jedes Teil ein Unikat ist. Und stolz, weil das Verschenken individueller Kleidungsstücke immer wieder beidseits Freude macht!
Danke für Deine immer wieder tollen Inputs!!!
Katharina meint
Ich bin zufällig auf diesen Blog gestoßen und finde diesen Artikel gerade besonders interessant.
Als Kind (so mit 11/12) war ich ziemlich begeistert vom Nähen und habe voller Stolz und per Hand (!) Kleidung für meine Stofftiere genäht.
Irgendwann war das dann vorbei und ich habe höchstens mal eine Naht repariert oder einen Knopf angenäht.
Vor ein paar Jahren wollte ich ein hübsches Sofakissen in hellblau, fand aber nichts, was mir gefiel. Dafür hübschen Stoff. So ein Kissenbezug kann ja so schwierig nicht sein, also habe ich mir einfach einen genäht – immer noch per Hand übrigens. 😉
Seitdem liebäugle ich mit dem Nähen, um einfach Sachen zu haben, die mir wirklich gefallen: im Laden ist es meistens entweder der falsche Schnitt oder das falsche Material oder die falsche Farbe… Zum Geburtstag habe ich jetzt eine Nähmaschine bekommen. Bisher habe ich nur ein paar Probenähte gemacht. Geplant sind eigentlich zum Einstieg Stoffservietten, habe auch schon zugeschnitten und die ersten Briefecken versucht, aber seitdem irgendwie einen Knoten im Kopf… Nach Weihnachten habe ich hoffentlich die Ruhe, mir das nochmal anzugucken. Alternativ muß ich dann wohl Stoff kaufen, um endlich ein Sitzkissen für meine Fensterbank zu nähen. 😀