Frau Küstensocke hat 2018 ihre Aktion „Stoffdiät“ wieder gestartet und lädt alle zwei Monate mit ihrer Linkparty dazu ein, über Fortschritte (und manchmal auch Rückschläge) zu berichten. Daher heiße ich euch heute bei meinem Juli-Update willkommen!
Bei mir war der Juni der Monat der Online-Stoff-Käufe. Wie viel das genau war und ob meine Stoffbilanz ausgeglichen ist, seht ihr weiter unten. Erst einmal möchte ich aber über meine Erfahrung mit der 2-1-Regel berichten, die ich mir im Mai vorgenommen habe (es war ein Misserfolg) und von einem (wissenschaftlich untersuchten) Phänomen, das möglicherweise die Wurzel allen Übels von Impuls-Käufen und Stoffdiät-Jo-Jo-Effekten ist.
Ein kurzer Rückblick
Als ich letztes Jahr beschloss, meinen Stoffvorrat im Zaum zu halten, war ich erst erfolgreich, als ich mir en konkretes, messbares Ziel gesetzt habe. Das Ziel lautet, ich darf dann Stoff kaufen, wenn mein Stoffvorrat die Marke von 50m unterschritten hat. Und so sahen die 50m bei mir fein säuberlich gestapelt aus:
Das Ziel ist gut und seit etwa einem Jahr halte ich mich daran. Aber leider ist es nicht perfekt, denn es lässt die Frage offen, was passiert, wenn ich die 50m-Marke erreicht habe.
Als das letzten November passierte, habe ich mit Stoffkäufen 100 Euro auf den Kopf gehauen. Das klingt vielleicht erst einmal nicht viel, doch es war die Sonderangebotszeit mit Black Friday und ich habe für das Geld echt viel Stoff bekommen. Das ist einerseits natürlich toll, führt aber andererseits dazu, dass ich genau diese große Menge Stoff danach wieder abbauen „muss“ (ja wirklich, manchmal denke ich das so).
Irgendwo las ich mal, dass sich das Hobby „Nähen“ sehr schnell in das Hobby des „Stoffkaufens“ wandeln kann und diese Aussage verstehe ich mittlerweile… Jedenfalls hat mir dieser herbstliche Stoffkauf mehr als ein halbes Jahr fast vollkommener Stoffkauf-Abstinenz eingebracht. Das war schon ganz schön lang.
Die 2-1-Regel ist die Lösung – Oder doch nicht?
Im Stoffdiät-Update vom Mai wollte ich alles anders und besser machen. Ich nahm mir vor, eine zwei-zu-eins-Regel einzuführen: Für zwei vernähte Stoffmeter darf ich einen kaufen. Meine Hoffnung war, dass das etwas motivierender sein könnte und ich ganz besondere Schätze auch mal zwischendurch kaufen kann.
Daher habe ich eine Weile mit dem Stoffkauf gewartet, als ich unter meine Zielmarke von 50m kam. Doch als ich bei 47m ankam, hat es mir in den Fingern gekribbelt (und außerdem war Sale) und ich ging online shoppen. Nach meiner neuen Regel hätte ich nur 1,5m kaufen dürfen. Doch für so eine Regel bin ich wohl nicht gemacht. Denn wie in aller Welt hätte ich so wenig Stoff kaufen können? Nach welchen Kriterien hätte ich mich für nur so wenig Stoff entscheiden können?
Nicht nur gab es schöne Stoffe, es gab auch viele, die genau meinem Beuteschema entsprachen und die auch noch reduziert waren. Stoffe, deren Kauf mir schon länger im Kopf herumging: Jersey oder Sweatshirtstoff, der bei 40° Normalwäsche waschbar ist, trocknergeeignet ist, in Farben, die „man immer gebrauchen kann“, grau, dunkelblau, schwarz und ein leuchtendes meliertes türkis.
Und dann noch Bündchen in blau, in einem schönen Pink und Beige – in Weltmeisterfarben also 🙂
Allein von diese „Basis-Stoffen“ habe ich 7,75m gekauft (und 3m Bündchen – Bündchen zähle ich bei meiner Stoffdiät nicht mit, weder den Verbrauch noch den Kauf). Dann war da noch der Anker-Sweat (4m, überwiegend für einen Erwachsenen-Hoodie) und 0,75m Sterne-Stoff (Freebook Leggings Luna und Tunika für die Maus).
In Summe habe ich also 12m Stoff gekauft. Und da habe ich schon Selbstdisziplin walten lassen, denn in meinem Warenkorb waren weder die ganzen Uni-Stoffe, die ich vielleicht irgendwann auch noch gebrauchen könnte (hellrosa, ein warmes gelb, rehbraun, beige,…), noch der graue Jersey mit rosa Blüten, in den ich mich spontan verliebt habe.
An alle Näherinnen, die eine 2-1-Regel befolgen: Wie macht Ihr das bloß? Vielleicht könnt Ihr mir ja einen Tipp geben.
Also zurück zum alten Vorgehen…
Also bin ich doch wieder zu meiner Standardregel zurückgekommen und das ist die folgende: In einem Monat gebe ich nicht mehr als 100 Euro für Nähbedarf aus. Das funktioniert bisher ziemlich gut.
Und seitdem ich mir über meine Gruselstoffe und meine typischen Kauffehler Gedanken gemacht habe, habe ich nur noch Stoffe gekauft, die ich tatsächlich verwenden werde (hoffe ich zumindest 😉 ).
Allerdings ist das Stoffkauf-Erlebnis auf einer Messe oder dem Stoffmarkt doch ein ganz anderes…
Und auf der Messe? Overload…
Bei meinem Besuch auf der Creativ-Messe in Stuttgart war ich etwas nervös, denn ich habe so viele Geschichten von übermäßigen Stoffkäufen auf Messen gehört und gelesen. Doch am Ende habe ich nur einen Meter Spitze/Fantaisie-Stickerei für eine Prinzessinen-Pumphose mitgenommen.
Ich hatte mir den Tag freigenommen und schlenderte durch die Halle. Erst war ich etwas enttäuscht, dass es nicht so viele Stände für Nähbedarf gab. Als ich zum ersten Stand mit Meterware kam, war ich begeistert, sie hatten so viele tolle Stoffe! Doch ich kaufte nicht, ich wollte erst nochmal sehen, was es sonst noch gab. Der zweite Stand war etwas enttäuschend, irgendwie ganz ähnlich, aber am dritten gab es wunderschöne Patchwork-Stoffe. Am vierten Stand hatte ich die Nase voll und wollte gar nichts mehr einkaufen… Ich fühlte mich wie ein Messgerät, das in Überlast betrieben wird und bei dem die Anzeige am Anschlag steht.
Brav bin ich noch alle Reihen abgelaufen, aber erst nach dem Mittagessen und einer ausgedehnten Pause mit Kaffee im Sonnenschein wollte ich überhaupt wieder Geld ausgeben. Da bin ich ganz gezielt zu zwei oder drei Ständen hingelaufen und habe Stoffmal(glitzer)farbe und die Stickerei gekauft. Vermutlich hätte ich also mehr gekauft, wenn es nur einen einzigen Verkäufer gegeben hätte – seltsam irgendwie.
Decision Fatigue – Ein Grund von Impulskäufen
Aber es ist wohl eine wissenschaftlich belegte Tatsache, dass es „Decision Fatigue“ gibt – Entscheidungsmüdigkeit. Es ist ein Paradox, wer wenig Optionen hat, strebt danach, die Anzahl von Alternativen zu erhöhen. Wenn wir aber mit vielen Entscheidungen konfrontiert sind, ist das psychologisch ermüdend. Laut Wikipedia kann das zu einer verminderten Selbstbeherrschung führen und unter anderem entweder zu Impulskäufen oder zu der Weigerung, irgendeine Entscheidungen zu treffen und statt dessen beim Status Quo bleiben zu wollen.
Das zweite schien bei mir der Fall zu sein, ich hatte einfach keine Lust mehr, irgendetwas zu tun. Das geht mir immer wieder mal so und ist zwar manchmal etwas blöd, aber vermutlich trotzdem nicht das Schlechteste. 🙂 So muss ich mich wenigstens zuhause nicht fragen, warum ich wieder so viele Stoffe gekauft habe.
Was hilft gegen Decision Fatigue?
Die Beschreibung des Sachbestands ist ja schön und gut, aber was tun, wenn du nun einmal entscheidungsmüde geworden bist? Was hilft ist wohl:
- Den Blutzuckerspiegel erhöhen – etwas essen
- Eine Pause machen
Demnach habe ich (ohne es zu wissen) alles richtig gemacht, erst zu Mittag gegessen und mich dann in die Sonne gesetzt. Diese Option ist natürlich naheliegend, wenn man im Angesichte der Entscheidungsmüdigkeit gerade zur Option „Nichtstun“ neigt. Doch vielleicht schaffen wir es das nächste Mal, vor einem Impulskauf eine kleine Pause zu machen und etwas zu essen?
Weitere Dinge, die helfen, sind:
- Sich eine Person mit viel Willenskraft vorstellen (z.B. Margaret Thatcher? 🙂 )
- Daran glauben, dass man selbst viel Willenskraft besitzt
- Willenskraft trainieren
Denn die Willenskraft ist wie ein Muskel, der mit regelmäßiger Übung stärker wird. Trainieren lässt sich die Willenskraft dadurch, dass du Dinge tust, die gegen deine Impulse laufen, also zum Beispiel die Treppe statt des Aufzugs zu nehmen, das Bett zu machen oder die Türen mit der falschen Hand zu öffnen.
Also haben wir wieder etwas gelernt und mit dem Wissen sind wir jetzt für den nächsten Stoffmarkt gewappnet und es kann nichts mehr schief gehen! Da wir ja jetzt wissen (oder uns zumindest einreden werden), dass wir gaanz viel Willenskraft haben. Tschakka! (Oder etwa nicht?!)
In dem Sinne wünsche ich viel Erfolg beim Stoffkauf!
Meine Jahresbilanz der Stoffdiät
Nun zu den harten Stoffdiät-Zahlen: Im Mai und im Juni habe ich 7,2m Stoff vernäht und 12m Stoff gekauft, für die beiden Monate ergibt sich ein Plus von 4,8m. In Summe für 2018 sieht es aber ganz gut aus, da habe ich 15,8m verarbeitet und 13,5m sind durch Käufe dazugekommen, insgesamt also ein Minus von 2,3m.
Mein Ziel der Stoffdiät war ja keine „Gewichtsreduzierung“, sondern lediglich das „Gewicht“ zu halten, daher habe ich mein Ziel erreicht. Mittlerweile denke ich jedoch, dass es schon schön wäre, den Berg weiter abzubauen. Denn es war schön, als ich alle Stoffe in die beiden vorgesehenen Schubladen räumen konnte und sie ohne Schieben und Drücken zugingen. 🙂
Daher habe ich beschlossen, dass meine neue Zielmarke jetzt nicht mehr 50m sondern 47m ist. Und nächstes Mal reduziere ich sie vielleicht noch mal um 3m, mal sehen.
Das Monats-Neben-Thema von Frau Küstensocke ist: „Es muss nicht immer Kleidung sein: Stranddecken, Taschen, Utensilos – die Diät für zwischendurch.“ An dieser Front kann ich nur wenig berichten, ich nähe fast nur Kinderkleidung. Die können wir immer gut gebrauchen, denn die Kleinen wachsen ja so schnell!
Zwei schnelle Kissen für das Schlafzimmerbett in 40x80cm habe ich genäht und inklusive Schnittmuster schon auf dem Blog präsentiert.
Außerdem habe ich einen Bezug für unsere Kinderrutsche genäht, die ist auch sehr praktisch. Da habe ich mich richtig gefreut, was man alles machen kann, wenn man das Nähen beherrscht. Denn solch einen maßgeschneiderten Bezug hätte ich sonst nicht so einfach bekommen!
Wie es den anderen Näherinnen mit ihrer Stoffdiät ergangen ist, kannst du übrigens hier nachlesen, ich finde es immer total spannend in den Berichten zu stöbern!
Viele liebe Grüße,
Cailin
PS: Wenn du noch eine Idee für ein schnell zu nähendes Kinder-Kleidungsstück suchst, dann ist das Freebook Leggings Luna vielleicht etwas für dich. Es ist die perfekte Ergänzung zu fast jedem Outfit und du kannst damit super kleinere Stoffstücke verwerten. 🙂 Das kostenlose Schnittmuster in den Größen 44-116 bekommst du, wenn du dich zum Newsletter anmeldest.
Mirella meint
Gewicht halten ist auch immer ein gutes Ziel und bei dir sieht es doch sehr danach aus.
LG Mirella
cailin meint
Hallo Mirella,
danke für die lieben Worte! Einen gewissen Grundstock möchte ich ja schon haben, nur Überhand sollte das Stofflager nicht bekommen 😉
Viele liebe Grüße,
Cailin