Vor einiger Zeit wollte ich wissen, wie viel Meter Stoff ich denn habe. Also fing ich an einem Samstagabend, als die Kinder im Bett waren, an, die Stoffe aus den Unterbett-Schubladen zu ziehen und zu vermessen. Und weil ich einen Blog habe, habe ich sie dann schön zusammengelegt und für Euch (und mich) schön fotografiert. Das ist das Ergebnis:
Insgesamt sind es ca. 50m Stoff, unten sieht man den Sweat-Stoff (10m), dann kommt der Jersey (20m) und dann der gewebte Baumwoll-Stoff (20m). Ich kann euch sagen: So ein Stoff-Haufen ist ganz schön schwer… Überschlagsweise müssten es (bei 200g pro m) etwa 10kg sein.
Auch wenn ich mittlerweile aus meinen Internet-Recherchen weiß, dass so manch eine Näherin noch größere Vorräte hat, im ersten Moment hat mich der Anblick ganz schön erschlagen. Bisher lagerten die Stoffe eher unauffällig in zwei Unterbettschubladen, da war mir gar nicht klar, wie viel Stoff ich habe. Und deswegen habe ich mir vorgenommen, mich auf dem Blog etwas mit dem Thema Stofflager, Stoffkauf und Stoffdiät zu beschäftigen.
Ein Stoff-Budget
Ich kenne mich ja und daher habe ich mir von Anfang an ein festes Budget im Monat verordnet, damit meine Shopping-Lust nicht ganz aus dem Ruder läuft. Das Budget ist so bemessen, dass es einerseits meinen Geldbeutel nicht sprengt und ich mir trotzdem eine ordentliche Menge Stoff und Nähzubehör davon kaufen kann. Und wenn ich in einem Monat mein Geld-Limit bereits für Stoffe ausgegeben habe, muss ich mich mit meinen anderen Wünschen eben bis zum nächsten Monat gedulden, in der Praxis sind das sowieso nur ein paar Tage. Das hat soweit gut geklappt, das Problem war nur folgendes: Ich kam üblicherweise einfach nicht dazu, so viel zu vernähen wie ich monatlich dazuhamsterte… und so wuchs mein Stoffvorrat immer weiter.
Ja – ich möchte weniger Stoff kaufen
Allerdings wollte ich mein Lager trotzdem gerne auf eine Unterbettschublade begrenzen. Irgendwann war es dann aber nicht mehr zu leugnen: Als ich aufräumte und alle Stoffe wieder an ihren angestammten Platz sollten, war die zweite Schublade plötzlich auch fast voll. In dem Moment habe ich mir das erste Mal vorgenommen, weniger Stoff zu kaufen. Wegen des Platzes, weil es Verschwendung ist, Geld für Stoffe auszugeben, die ich sowieso nicht verbrauchen werde. Und auch wegen der Nachhaltigkeit – der umweltschonendste Stoff ist kein Bio-Stoff, sondern derjenige, der gar nicht gekauft und somit nicht hergestellt wurde.
Dieser Entschluss hat die Zunahme meiner Stoffe zwar verlangsamt, aber leider nicht ganz gestoppt. Zwei oder drei Monate habe ich kein Stoff gekauft, aber dann gab es wieder einen Grund (ich brauchte z.B. roten Jersey für ein Spiderman-Kostüm oder ich habe einfach einen so tollen Stoff gesehen) und es macht ja bekanntlich keinen Sinn, für Porto zu zahlen. Außerdem gibt es ja immer noch ein paar Stoffe im Sonderangebot… Also habe ich dann wieder für 50 Euro Stoff gekauft. Und hatte dabei ein latent schlechtes Gewissen, weil ich nicht wusste, ob ich wieder Stoff hätte kaufen „dürfen“. Einmal habe ich das hier sogar im Blog erzählt.
Und das ist doch blöd, wenn sogar Shoppen keinen Spaß mehr macht 😉 Da passte es gut, dass ich im letzten Sommerurlaub im Flughafen zufällig das Buch „Nine Things Successful People Do Differently“ von Heidi Grant Halvorson entdeckt habe. Die Autorin beschreibt darin 9 Methoden, die erfolgreiche Menschen einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen. Die zwei wichtigsten Punkte für mein Thema mit dem Stoffkauf waren:
Setze dir konkrete Ziele
Als für mich feststand, dass ich ein Limit brauche, hat es also anfangs trotzdem nicht richtig geklappt. Wieso? Es ist wohl der häufigste Fehler, den Menschen machen, und auch ich bin anfangs an diesem Punkt gescheitert: Ich habe mir kein konkretes Ziel gesetzt, sondern ich habe mir vorgenommen „weniger“ Stoff zu kaufen. Nun ist „weniger“ schlecht messbar und ich wusste nie, ob ich mein Ziel erreicht habe oder nicht.
Frage dich also „Wann weiß ich, dass ich mein Ziel erreicht habe?“ und formuliere dein Ziel entsprechend um. Bei mir war das:
- „Ich habe mein Ziel erreicht, wenn mein Stofflager den Stand von letzten September immer wieder erreicht.“
- Das konkrete Ziel: „Ich möchte nur so viel Stoff kaufen, wie ich seit September vernäht habe.“
Je nachdem, was du erreichen möchtest, könntest du andere konkrete Ziele haben:
- „Ich möchte maximal 50/100 Euro im Monat ausgeben.“
- „Ich kaufe nur noch Uni-Stoffe.“
- „Ich möchte alle Stoffe verschenken/verkaufen, die mir nicht mehr gefallen.“
Wisse, wie weit du noch zu gehen hast
Dieser Aspekt war der zweite springende Punkt. Nur wenn ich ganz genau weiß, wo ich stehe und wie weit ich noch zu gehen habe, kann ich das Ziel auch erreichen. Wenn ich mir dagegen auf die Schulter klopfe, dass ich schon zwei Monaten nichts mehr bestellt habe, dann führt das erfahrungsgemäß dazu, dass ich im dritten Monat wieder rückfällig werde.
Glücklicherweise weiß ich genau, wie viel ich nähe, denn von Anfang an habe ich Buch geführt, was ich nähe und wie viel Stoff das verbraucht.
Seit Mitte des letzten Jahres habe ich die Liste um eine zweite Spalte erweitert und trage nun auch meine Stoffkäufe ein. So kann ich auf einen Blick sehen, wie viel ich kaufe und wie viel ich nähe.
Das klingt kompliziert? Vielleicht, aber eigentlich ist es sehr schnell zu pflegen. Ich überschlage einfach meinen Stoffverbrauch: Wenn ich zum Beispiel für ein Shirt 1m Stoff gekauft habe und davon noch die halbe Stoffbreite übrig ist, dann trage ich ein: „Shirt, Größe 104, 50cm“.
So ein Büchlein hat auch noch weitere Vorteile: Es zeigt mir ganz konkret, was ich mit meinem Hobby schon erreicht habe, wie viele schöne Kleider ich schon genäht habe. Das freut mich einfach und macht mich stolz. Denn sonst würde ich einfach vor mich hin nähen und keinen Gesamtüberblick haben. Das war ja der ursprüngliche Grund, warum ich überhaupt mit der Liste angefangen habe, in diesem Notizheftchen, das ich in der Handtasche trage.
Außerdem weiß ich jetzt, dass ich im letzten Jahr jeden Monat im Durchschnitt 2,5m Stoff vernäht habe. Wenn ich sehe, wie viele Meter ich verbraucht habe, dann macht es für mich nochmal auf andere Weise greifbar, wie produktiv ich war.
Und für die Zukunft?
Anscheinend sind ja Stoff kaufen und Nähen zwei verschiedene Hobbys, aber ich weiß jetzt, dass ich noch 7,5m vernähen muss, bevor ich wieder Stoffe bestelle. Das heißt, dass möglicherweise der Stoffmarkt im Frühling nochmal ausfallen muss – im Herbst habe ich ihn ja schon „geschwänzt“.
Und ich weiß auch, dass mein aktueller Stoffvorrat für die nächsten 20 Monate reichen würde. Mittlerweile finde ich, dass das zwar lang ist, aber nicht dramatisch lang. Irgendwie ist das noch ein überschaubarer Zeitraum. Und die Stoffmenge finde ich auch nicht mehr soo schlimm wie am Anfang. Aber mehr muss es trotzdem nicht werden!
Die Inventur hat mir gezeigt, dass ich vor allem eine Verwendung für die gewebte Baumwolle finden will. Denn Baumwolle habe ich im Verhältnis viel, vor allem, da ich momentan hauptsächlich Jersey und Sweat-Stoffe vernähe. Am Anfang meiner Nähkarriere hatte ich großen Respekt vor dehnbaren Stoffen und habe daher vor allem gewebte Stoffe gekauft. Und ich hatte irgendwo den Tipp gelesen, dass man mindestens 2-3 Meter eines Stoffes kaufen sollte – aber als grundsätzliche Regel hat sich das bei mir als viel zu viel herausgestellt…
Die Sweat-Stoffe sind mit ihren 10 Metern eher knapp bemessen, finde ich. Wenn ich einen Pulli daraus nähen möchte, tue ich mich schwer, eine passende Kombi zu finden. Aber eine Ausnahme für den Stoffkauf gibt es deswegen trotzdem nicht! Erst müssen Stoffe vernäht werden, vorzugsweise z.B. die Baumwoll-Stoffe, bevor es neuen Sweat gibt. Bisher habe ich auch immer noch Stoffe gefunden, die gut zueinander passen. Nur halt nicht mit dem Stoff, den ich als erstes in der Hand hatte. 😉
Und jetzt kommen ja sowieso wieder die wärmeren Jahreszeiten, da nähe ich eben etwas aus den leichteren Stoffen. Vielleicht ein leichtes Baumwoll-Kleid für die Kleine? Oder eine Bluse für mich? Einen Rock?
Ich muss langsam mal mit dem Schreiben aufhören – es gibt noch so viel zu nähen!
Aber gespannt bin ich trotzdem: Wie viel Stoff hast du? Erschlägt dich die Menge oder darf es ruhig noch etwas mehr sein?
Viele Grüße und bis bald!
Cailin
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PS: Zu dem Thema habe ich bei Mamahoch2 einen Gast-Beitrag geschrieben, in dem ich alle 9 Erfolgs-Gewohnheiten beschreibe:
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Maria Widerstand meint
Hallo Cailin!
Dein Büchlein finde ich ja hoch spannend! Ich mag so statistisches Zeug, wo sichtbar wird, was passiert ist!
Selbst habe ich auch viel zu viele Stoffe, aber schon seit ewigen Zeiten, denn ich kaufe schon seit Jahren keine mehr. Da war ich noch total jung, als ich so sinnlos zugeschlagen habe. Viele von den Stoffen habe ich inzwischen verschenkt.
Heute macht mir Upcycling auch viel mehr Freude, dazu brauche ich kaum Stoffe, weil ich das vernähe, was schon da ist.
Es ist ja leider auch so, dass sich der Geschmack im Laufe der Zeit ändert, deshalb mag ich auch kein Vorratslager mehr.
lg
Maria
cailin meint
Hallo Maria,
ja, das Buch kann ich nur empfehlen! Es ist wirklich sehr schnell durchgelesen und dabei hochinteressant.
Wie schnell sind Vorlieben ändern, konnte ich auch schon merken… Ich hoffe, du konntest dankbare Abnehmer für deine Stoffe finden.
Upcycling macht echt Spaß, aber wenn die Sachen noch gut erhalten sind spende ich sie manchmal lieber angesichts meiner vielen Nähpläne. 😉
Viele Grüße,
Cailin
Verena Rößel meint
Das ist ja ein toller Beitrag 🙂
Ich habe auch eindeutig viel zu viel Stoff, vorallem weil man für ein Kleidungsstück ja nicht alles benötigt.
Vorgenommen habe ich mir auch, erstmal kein Stoff mehr zu kaufen, sondern erst den vorhandenen soweit zu vernähen, bis jetzt hat es nicht geklappt 🙂
Aber dir Idee mit dem Büchlein ist gut, glaube das ist schon sehr hilfreich um mal einen Überblick zu bekommen.
cailin meint
Hallo Verena,
es freut mich, dass der Beitrag dir gefällt 🙂 Ja, vielleicht ist es mit dem Büchlein was, mir hilft es jedenfalls konsequent zu bleiben.
Gut finde ich auch, mich beim Shoppen zu beobachten. Oft denke ich: Die Gelegenheit sollte ich mir nicht entgehen lassen, der Stoff ist so toll/so günstig. Aber mittlerweile sage ich mir, dass es auch in einem Jahr tolle Stoffe und tolle Sonderangebote geben wird! Vermutlich ist es aber für jeden anders, warum er Stoffe kauft…
Viele Grüße und viel Erfolg,
Cailin
Fussel meint
So ein ähnliches Vorgehen habe ich beim Stricken auch. Seit mehreren Jahren habe ich die Regel, daß mehr verarbeitet werden muß als neu reinkommt. In einem Jahr hat es nicht geklappt, aber drei Jahre lang hat es jetzt gut funktioniert. Die Uralt-Wollvorräte, die mir mal Kollegen und sonstwer irgendwann in den 90ern aufgehalst haben, habe ich ausgemistet und einiges weggeworfen, anderes verschenkt.
Aber alles, was ich mir in den letzten Jahren gekauft habe, wird peu a peu verarbeitet.
Bei Stoffen verarbeite ich bei weitem nicht so viel wie Du, aber auch da darf es nur Zuwachs geben, wenn er entweder gebraucht wird, um etwas aus dem Bestand zu verarbeiten, oder sofort verarbeitet wird. Wobei ich mich in letzter Zeit vor allem an Variante 1 halte.
Dasselbe gilt für Zubehör (Reißverschlüsse, Knöpfe, Schnallen, Bänder etc.). Da hatte ich in den 80ern mal einen Horte-Wahn, weil es damals so was auch schlecht zu kaufen gab. Jetzt gucke ich immer erst mal in die Vorräte, ob es etwas gibt, das ich mit etwas gutem Willen verwenden kann und nutze erst mal das. Z.B. müssen die Reißverschlüsse an neuen Sofakissenbezügen nun wirklich nicht farblich passend sein, da man die bei vernünftiger Verarbeitung ohnehin nicht sieht.
Und olle häßliche Herrenhosenknöpfe kann man mit einem Stoffbezug oder mit einem selbstgemachten Überzug aus Fäden in hübsche passende Knöpfe verwenden (da gibt’s tolle Tutorials, z.B. hier: https://katedaviesdesigns.com/2014/02/20/covered-button-tutorial/).
Ich finde es auch immer wieder ungemein befriedigend, wenn man Dinge, die ewig ungenutzt rumlagen, nun zu etwas Nützlichem (und Hübschem) verarbeitet werden. Das gibt dem Selbermachen noch mal ein Sahnehäubchen obendrauf 🙂
cailin meint
Hallo Fussel,
vielen Dank für deinen Kommentar und den Link zum Knopf-Tutorial, das sieht ja toll aus.
Und toll, dass es bei dir so gut klappt, ich wünsche dir auch weiterhin viel Erfolg!
Viele Grüße,
Cailin
Nria meint
Danke für den Beitrag! Ich muss ja sagen, auf mich wirkt der Stoffstapel eher klein und süß, aber zugegebenermaßen sind dünne Baumwollstoffe nunmal auch platzsparender als flauschige Mantelstoffe oder dicker Cord, auch wenn’s die gleiche Menge ist.
Ich führe seit ein paar Jahren eine In-Out-Liste beim Nähen – empfinde ich als sehr motivierend, bestimmte Projekte endlich mal anzugehen, damit die Out-Seite größer ist als die In-Seite 😉
Nachmessen würde ich auch ganz gern mal, nur habe ich schon ein paar mehr Stoffe und die alle nachzumessen könnte ganz schön viel Zeit in Anspruch nehmen. Andererseits wäre es sicher ein Ansporn, die Stoffe alle schön durchstreichen zu können nach der Verarbeitung und ich wüsste auch ganz gern, wie groß mein Vorrat wirklich ist …
cailin meint
Hallo Nria,
Es freut mich, dass dir der Artikel gefällt! Wenn ich so Bilder im Internet sehe, dann ist es wohl tatsächlich nicht ungewöhnlich, wenn das eigene Stofflager größer ist als meines. Aber mir reicht es so, da hat vermutlich jede(r) seine eigene Grenze. Und seitdem ich mich am Wochenende mit den „Gruselstoffen“ beschäftigt habe, spiele ich eher noch mit dem Gedanken, das Lager noch um einige Meter zu reduzieren. Der Nachteil an diesem Plan wäre, dass ich dann wirklich lange kein Stoff mehr kaufen dürfte. Ich weiß nicht, ob ich das durchstehen würde…
Das Ausmessen hat schon eine Weile in Anspruch genommen, aber ich wollte es einfach wissen 🙂 Manche wiegen ihre Stoffe auch statt sie zu messen, vielleicht ist das ja zeitsparender?
Viele Grüße,
Cailin